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Negative gesundheitliche Einflüsse | Leisezeit: 6 Min.

Piloten sehen sich immer einem komplexen Arbeitsumfeld ausgesetzt. Dabei müssen viele unterschiedliche Informationen zeitnah verarbeitet werden, sei es das Ablesen von Instrumenten, die visuellen Feedbacks der Lage des Luftfahrzeugs im Raum oder das Führen der Funkkommunikation. Die hierzu notwendigen Kompetenzen müssen durch Training, Ausbildung und Inübunghaltung aufgebaut und verfeinert werden. Hieraus lässt sich unschwer erkennen, dass sowohl das psychologische als auch physiologische Setting eines Piloten im Einklang stehen muss. Ansonsten steht nicht die volle Leistungsfähigkeit von Körper und Geist zur Verfügung, was im schlimmsten Fall zu Fehlern und Unfällen in der Luftfahrt führen kann. Dieser Beitrag ist auf verschiedene Bereiche gerichtet, welche negative Einflüsse auf den Piloten, aber auch auf Passagiere haben können.

1.) Krankheit

Grundsätzlich gilt natürlich, einen Flug nicht durchzuführen, wenn man sich unwohl oder krank fühlt. Schon eine leichte Erkältung kann schwerwiegende Folgen haben, so ist bei vielen Erkältungen der Rachenbereich entzündet und geschwollen. Dies wirkt sich unmittelbar auf die tuba auditiva oder auch Eustachische Röhre aus, welche sich im Zuge der Erkrankung verschließt. Die tuba auditiva belüftet das Innenohr und stellt eine Verbindung zwischen Rachen und Paukenhöhle her. Sie hat dabei die Aufgabe, den Luftdruck zwischen Innenohr und Rachen permanent gleich stabil zu halten und durch einen Luftaustausch im Innenohr dafür zu sorgen, dass sich Viren und Keime nicht im feuchten Klima des Ohres zu Infektionen entwickeln. Die Tuba ist dabei primär geschlossen und wird durch Schlucken und Gähnen geöffnet, was den Druckausgleich zur Folge hat. Hierdurch wird gewährleistet, dass das Trommelfell frei schwingen kann und Druckveränderungen ausgeglichen werden. Im Falle einer Entzündung verbunden mit einer Schwellung der Schleimhäute ist der Druckausgleich gestört und somit ist es möglich, dass bei einer Landung ein Unterdruck im Mittelohr herrscht, welcher sowohl zu einer Beeinträchtigung des Hörens als auch zu massiven Schmerzen führen kann. Selbstverständlich kann die Drucksituation auch andersherum ausfallen, dies bereits beim Start des Flugzeugs mit Höhengewinn. Der im Mittelohr bestehende Druck vom Bodenniveau kann beim Steigen nicht ausgeglichen werden, mit der Folge, dass sich das Trommelfell nach außen wölbt. Die Symptome sind hier die gleichen wie oben beschrieben. Dieser Vorgang lässt sich unter dem Begriff eines Barotraumas zusammenfassen. Das Auf- und Absteigen eines Luftfahrzeugs führt zu veränderten Drücken, welche durch die Eustachische Röhre nicht ausgeglichen werden können.

2.) Medikamente, Alkohol und Drogen

Ebenfalls sind negative Einflüsse aus der Einnahme von Medikamenten, Alkohol und Drogen zu erwarten. Klarstellen gilt für Piloten, dass Fliegen unter jeglichem Gebrauch von Drogen und Alkohol absolut tabu ist. Die EASA-Regelungen zur Einnahme von Medikamenten bei Piloten sind ebenfalls eindeutig. Die Rechte oder Erlaubnis einer Lizenz dürfen nicht ausgeübt werden, wenn ein Arzneimittel eingenommen oder angewendet wird, das den Piloten in der sicheren Ausübung der Rechte beeinträchtigen kann. Der Pilot ist daher verpflichtet, sich vor der Einnahme von Medikamenten vom Fliegerarzt beraten zu lassen. Gleiches gilt für Impfungen, da durch diese ebenfalls Beeinträchtigungen – teilweise auch erst nach einigen Tagen - entstehen können.

3.) Rauchen

Unstrittig ist, dass Rauchen erhebliche gesundheitliche Risiken birgt. Aber auch direkten Einfluss auf die Leistungsfähigkeit eines Piloten haben kann. So kann die Kombination durch Rauchen und eine reduzierte Luftdichte zu hypoxischen Effekten führen. Die Hypoxie oder auch Sauerstoffmangel liegt in einem schlechteren Austausch von Sauerstoff und CO₂ innerhalb der Alveolen (Lungenbläschen) durch die Ablagerung von Rückständen aus der Verbrennung des Tabaks begründet. Aber auch in einer schlechteren Aufnahme des Sauerstoffs durch die roten Blutkörperchen (Hämoglobins). Da die Luftdichte mit der Höhe abnimmt und somit absolut nicht mehr die gleiche Sauerstoffmenge in der Luft zum Atmen zur Verfügung steht, beeinträchtigt eine Raucherlunge in diesem Grenzbereich die Aufnahme von Sauerstoff wesentlich. Die Sauerstoffsättigung im Blut nimmt daher bei Rauchern schneller ab und es kommt infolgedessen zu Beeinträchtigungen des Bewusstseins. Dies meint nicht eine Bewusstseinsstörung oder einen Bewusstseinsverlust, sondern führt ggf. zu Fehlentscheidungen, Konzentrationsschwäche und Unaufmerksamkeit. Es zeigt sich, dass 20 Zigaretten am Tag (ca. eine Packung) ca. 8 % des Hämoglobins an Sauerstoff bindet. Auf die maximale Flughöhe ohne Druckkabine und zusätzlicher Sauerstoffversorgung umgerechnet macht das einen Senkung von ca. 4.000 Fuß (ca. 1.219 Meter) aus.

4.) Alkohol

„12 hours from bottle to throttle“ so lautet ein amerikanisches Fliegersprichwort. So schnell der Alkohol von unserem Körper auch aufgenommen wird, so langsam wird er dann wieder abgebaut. Schon im Mund selbst beginnt die Aufnahme über die Schleimhäute in den Blutkreislauf und bereits geringe Mengen an Alkohol beeinträchtigen das Urteilsvermögen erheblich. Unser Körper schafft es ca. 0,1 Promille pro Stunde abzubauen. Je nach Trinkverhalten ist an einem Abend ein Blutalkoholspiegel von 1,2 bis 1,6 Promille erreicht und somit benötigen wir ca. 12 bis 16 Stunden zurück auf einen Wert von 0,0 Promille. Das einleitende Sprichwort ist daher eher als Mahnung zu verstehen, die Folgen und das langsame Abbauverhalten von Alkohol nicht zu unterschätzen. Die Auswirkungen von Alkoholkonsum auf die Flugsicherheit sind erheblich und stellen eine große Gefahr für die Luftfahrt dar. Für Piloten definitiv ein „NO-GO“. Aber auch Passagiere müssen sich den Auswirkungen von Alkoholkonsum und Fliegen bewusst machen. Insbesondere verstärkt eine geringe Blutsauerstoffsättigung die Wirkung von Alkohol. Mit steigender Höhe wird auch diese zu einem immer höher werdenden Risiko für alle Beteiligten.

5.) "I´m safe" Die Leistungsfähigkeit ist wichtig

Es kann gesagt werden, dass egal, ob durch Krankheit, Medikamente oder Drogen ein erheblicher negativer Einfluss auf die Leistungsfähigkeit eines Piloten ausgeübt wird. Dies mit harten Konsequenzen für die Sicherheit des Piloten, Passagiere und den restlichen Luftverkehr. Dabei spielt, wie einführend geschildert, die hohe Komplexität des Fliegens, die multiple Verarbeitung von Informationen verbunden mit teilweise hohen Stressphasen eine erhebliche Rolle. Schon ein gesunder, psychisch wie physisch stabiler Mensch kommt beim Fliegen teilweise an seine Belastungsgrenze. Daher sollte die Flugtauglichkeit vor jedem Flug eindringlich geprüft werden. Das Akronym „I´M SAFE“ (Ich bin sicher) bedient sechs Punkte zur Überprüfung der körperlichen und geistigen Fitness.

I (Illness) habe ich Krankheitssymptome?

M (Medication) nehme ich Medikamente ein?

S (Stress) stehe ich unter Druck? Bin ich belastbar?

A (Alcohol) habe ich Alkohol konsumiert? Ist dieser abgebaut?

F (Fatigue) bin ich ausgeschlafen und ausgeruht?

E (Eating) habe ich ausreichend gegessen und getrunken?

Wer körperlich und geistig fit ist, macht i. d. R. weniger Fehler und dies führt zur Reduzierung von Unfällen.

Verfasst von:

Pilot Dennis
31. Oktober 2022

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